Burnouts, Stoppies, Wheelies - manche Motorradfahrer erfreuen sich an diesen Fahrfertigkeiten (leider) auch im öffentlichen Straßenverkehr. Die Show kann aber auch böse enden, jedenfalls stellt ein “Gaswheelie” (Aufstellen des Fahrzeugs durch plötzliches Aufreißen des Gasgriffes) keinen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315 b StGB) dar.
Zu diesem Ergebnis kam vor kurzem das AG Lübeck mit Beschluss vom 09.12.2011 (Az.: 61 Gs 125/11):
Auch ein besonders gefährliches, über die eigentliche Fortbewegung hinaus Unterhaltungszwecken dienendes Fahrverhalten (hier: Fahrt mit einem Motorrad allein auf dessen Hinterrad) stellt für sich noch keinen verkehrsfremden Eingriff in den Straßenverkehr im Sinne des § 315b StGB dar.
Zum Sachverhalt:
Danach befuhr der Beschuldigte am 27.08.2011 gegen 21:17 Uhr mit dem Kraftrad Suzuki Typ GSX-R 750/WVB 3 mit einer (zulassungs-)bescheinigten Nennleistung von 25 kw (9300 Umdrehungen/min) – amtliches Kennzeichen R – in M. öffentliche Straßen, u.a. die Hauptstraße. Dabei bewirkte er durch eine gezielte Betätigung des Gashebels, dass sich das Kraftrad mit dem Vorderrad von der Straße aufrichtete (sog. Gas- wheelie). Nachdem der Beschuldigte zunächst allein auf dem Hinterrad weitergefahren war, verlor er aus nach derzeitigem Sachstand unbekannten Gründen die Kontrolle über das Kraftrad und stürzte. Das Kraftrad rutsche über die Straße auf einen angrenzenden Gehweg, verfehlte dabei sich zwei dort befindliche Passanten letztlich nur dank deren schnellen Ausweichens um weniger als einen Meter und kollidierte schließlich mit zwei Verkehrsschildern, von denen eines leicht beschädigt, eines zerstört wurde. Der Beschuldigte verfügt seit dem 29.09.2010 über eine Fahrerlaubnis der Klasse A, wobei diese bis zum 29.09.2012 auf Krafträder mit einer Leistung von maximal 25 kw beschränkt ist. Nach den vorläufigen Untersuchungen des Sachverständigen wurden an dem Kraftrad technische Veränderungen vorgenommen, nämlich ein Ausbau der Leistungsreduzierung im Ansaugkanal, was zur Folge hat, dass eine Leistung von ca. 50 bis 60 kw erzielt werden kann.
Nach Prüfung der in Frage kommenden Straftatbestände (hier: § 142 StGB, § 315 c StGB, § 315 b StGB) verneinte das Gericht insbesondere auch einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b StGB). Ein absichtlich auf die Störung des Straßenverkehrs (zweck-)gerichtetes verkehrsfeindliches oder gar mit mindestens bedingtem Schädigungsvorsatz vorgenommenes Fahrverhalten, in dem das Kraftrad als Waffe oder Schadenswerkzeug missbraucht wird, lasse sich in hiesigem Fall nicht annehmen, auch wenn der Beschuldigte eine Gefährdung anderer nicht schon durch die Wahl einer wenig befahrenen Wegstrecke von vornherein ausgeschlossen hat. Die gegenständliche Fahrt diente primär fahrerischen Unterhaltungszwecken, damit aber jedenfalls auch einem eigenen Fortkommen im Verkehr. Eine andere Beurteilung hätte letztlich zur Folge, dass eine Vielzahl bewusst risikoreicher, teilweise geradezu grotesk-absurder Fahrmanöver im täglichen Straßenverkehr der vergleichsweise hohen Strafdrohung und -erwartung des § 315 b StGB unterfielen. Dies mag aus generalpräventiven Gesichtspunkten zur mäßigenden Einwirkung auf das Verhalten im Straßenverkehr zwar geboten erscheinen. Eine solche Betrachtung verschließt sich aber, da nach dem Willen des Gesetzgebers abstrakt besonders gefährliche Verkehrsverstöße enumerativ von § 315 c Abs. 1 Nr. 2 StGB erfasst sind (vgl. 7 Todsünden im Straßenverkehr).
Dennoch besagen die Grundregeln der Straßenverkehrsordnung (§ 1 StVO):
(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.
(2) Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, daß kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.
Damit sind “Gaswheelies” zumindest im Lichte der StVO höchstbedenklich und zu unterlassen.
Quelle: burhoff.de